Weil ich immer wieder höre und lese „Warum muss es denn ein Hund aus dem Auslandstierschutz sein“. „Wir haben hier doch genug Hunde, warum einen aus dem Ausland?“. Oder auch „braucht´s Hunde aus dem Ausland, wo unsere Tierheime überfüllt sind“?.
Hmmmm. ?
Wenn ich mir als potentieller Hundehalter eine Rasse suche, die zu mir passt, bin ich verantwortungsvoll. Wenn ich dann mit Bedacht einen Züchter wähle, der meinen Vorstellungen entspricht, hat keiner ein Problem damit, wenn dieser Züchter aus dem Ausland ist. Ist ja auch voll ok – man macht sich Gedanken, beschäftigt sich mit dem Thema und agiert damit ja auch zum Wohle des Tieres, wenn es von einem seriösen Züchter stammt und gut zu seinem künftigen 2-Beiner und in dessen Leben passt.
Ein Hund aus dem Tierschutz muss aber aus dem Inland sein? Da soll man bitte nehmen, was einem vor der Nase sitzt und „die Krot fressen“? Warum? ?♀️
Auch wenn ich einem Secondhand-Hund ein zu Hause gebe, darf ich doch gewisse Vorstellungen und Ansprüche haben?! Ich möchte nicht jede x-beliebige Rasse oder Mischung haben. Ich habe mein „Beuteschema“. In meinem Fall TWH, WSS, Nordische und Mixe die ähnlich sind. Ev. noch DSH. Die find ich toll, die passen zu mir. Und ich habe auch charakterlich Vorstellungen.
Ich möchte keinen Hund, der Menschen gegenüber aggressiv ist, sich vor allem und jedem fürchtet, Artgenossen mit Verletzungs- oder Tötungsabsicht begegnet oder sonstige Großbaustellen hat, die weit über ein an der Leine ziehen, ein bissl Jagdtrieb haben oder noch völlig unerzogen sein hinaus gehen. Ich möchte momentan nicht an ernsten Problemen arbeiten, diese Verantwortung übernehmen und es passt auch nicht in mein derzeitiges Leben. Ich möchte keinen Welpen, aber momentan auch keinen alten Hund, denn ich möchte in meinem 4-Beiner auch einen Sport- & Hobbypartner haben, was in meinem Fall bedeutet, dass er zum wandern, joggen, reisen etc. mitkommt. Somit fällt momentan auch ein körperlich beeinträchtiger Hund aus.
Als Österreicherin habe ich mit Q nach Teddy nun den 2. Hund aus dem „Auslandstierschutz“. Ja, streng genommen war auch Teddy aus dem Auslandstierschutz, da ja Deutschland für mich auch Ausland ist.
Bei Teddy hatte ich nicht gesucht – sein Bild ist auf Facebook aufgepoppt und ich wusste – der gehört zu uns. Bei Q habe ich explizit nach einem nordischen Rüden gesucht. Kriterien: menschenfreundlich, nicht ängstlich und mit Chinua kompatibel.
Gut, er ist nicht ganz so easy wie Teddy es war und ich hätte mir zu dem Zeitpunkt einen ruhigeren, etwas gechillteren Hund gewünscht, aber die Kriterien wurden grundsätzlich erfüllt und wirklich schwerwiegende Probleme hat er nicht.
In den österreichischen Tierheimen, in denen ich zuerst gesucht hatte, bin ich zu der Zeit nicht fündig geworden (und ja, da muss mehr sein als „Nordisch – passt, Menschenfreundlich – passt, nicht ängstlich – passt – gekauft; es muss auch das Gefühl stimmen), also hab ich die Suche auf Deutschland ausgeweitet. Wäre Chinua ein Hund, der mit Artgenossen super kompatibel und unproblematisch ist, hätte ich vielleicht auch im weiteren Ausland geschaut. Aber mit ihr ist ein Kennenlernen vor einer Zusage unbedingt erforderlich.
Das Q ursprünglich aus Shanghai kam, wusste ich anfangs noch gar nicht.
Besonders „spannend“ finde ich, dass diese Aussagen meistens von Leuten kommen, die selbst Hunde vom Züchter haben. Jene, die selbst mit unreflektierten Pauschalaussagen wie: „jeder Züchterhund nimmt einem Tierschutzhund den Platz weg“ konfrontiert sind, schmeissen offenbar besonders gerne mit „Auslandstierschutzhunde nehmen den Tierschutzhunden aus dem Inland den Platz weg“ um sich. Weder das eine, noch das andere trifft so zu. Ich selbst würde lieber keinen Hund haben, als viele Rassen oder einen Hund mit z.B. schwerwiegender Aggression gegen Menschen.
Und genauso wie es unter Züchtern schwarze Schafe gibt, gibt es diese leider auch im Tierschutz – im Inland wie im Ausland.
Ich bin absolut nicht dafür, wahllos Massen an Hunden aus dem Süden, Osten oder wo auch immer herzukarren. Ich denke auch nicht, dass alle Hunde an ein Leben als Begleithund in Österreich oder Deutschland gewöhnt werden können und dass man allen damit etwas Gutes tut. Ich finde es grundverkehrt, mit erfundenen Mitleidtexten zu werben und Probleme zu verschweigen, nur um einen Hund zu vermitteln. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht und es hilft niemandem, wenn der ehemalige Straßen- oder Kettenhund die Kinder oder Katzen der neuen Familie fressen will, sich jedes Mal anlullt vor Angst eine Pfote vor die Haustüre zu setzen oder bei nächster Gelegenheit abhaut. Damit ist niemandem gedient.
Aber es gibt auch genug Hunde aus dem Auslandstierschutz, die sich gut integrieren können, verhältnismäßig kleine Problemrucksäckchen mitbringen (meint: nicht größer als viele Hunde aus den hiesigen Tierschutzvereinen) und ganz wunderbare Begleiter abgeben. Warum sollen die keine Chance verdient haben, nur weil sie in einem chinesischen, bulgarischen oder ungarischen Shelter sitzen und nicht in einem österreichischen oder deutschen Tierheimzwinger? Und warum sollen Leute, die in einem ausländischen Tierheim den für sie passenden Hund entdeckt haben, diesen nicht bekommen, nur weil er eben im Ausland ist?
Für mich persönlich ist eine Landesgrenze kein Grund, nicht zu helfen. Weder im humanitären Bereich, noch bei Tieren (aber an alle, für die eine Grenze eine Grenze ist: ich unterstütze in beiden Bereichen sowohl inländische als auch ausländische Organisationen ). Und ich finde, jeder muss sich selbst aussuchen dürfen, wo er hilft und unterstützt und aktiv sein möchte und wo nicht. Da gibt’s auch kein besser oder schlechter.
Häufig ergibt sich ein besonderes Engagement ja auch aus einem persönlichen Bezug. Vor Q wusste ich noch nicht einmal, dass man Hunde aus China adoptieren kann. Ich wusste, dass Hunde dort auch auf dem Teller landen, aber nichts über die näheren Umstände oder Tierschutzarbeit in Asien. Als Q eingezogen ist, war ich neugierig. Wollte wissen, woher er kommt, was er vielleicht erlebt hat. Ich hab´ angefangen, mich damit zu beschäftigen und mich zu diesem Thema zu informieren. Und es ist mir ans Herz gewachsen.
Wenn ich lese, was für ein Schicksal vielen chinesischen Hunden droht, was für ein grausamer Tod sie erwartet, wenn sie beim Schlachter landen, finde ich vor Entsetzen keine Worte. Wenn ich Videos von Hunden anschaue, die vom Schlachthof gerettet werden und die Hunde sehe, die dortbleiben müssen, blutet mir das Herz. Wenn ich sehe, wie die Hunde an Halsschlingen beim wiegen in der Luft baumeln oder wie brutal sie in die winzigen Käfige auf den Lastwägen katapultiert und gestopft werden, tut es mir in der Seele weh. Ich verstehe jeden, der sich damit nicht beschäftigen möchte. Ich halte mich nicht für besser, weil ich da hineingeschlittert bin, jetzt hinschaue und einen Hund von dort habe. Andere Menschen machen das in anderen Bereichen und es darf dabei keine Wertung und schon gar keinen Wettbewerb wer besser ist, geben!
Aber es ist mir persönlich ein Bedürfnis geworden, wenigstens ein bisschen zu helfen, soweit ich kann. Mit Spenden, mit teilen von Beiträgen, mit unterschreiben von Petitionen und möglicherweise irgendwann mit einer neuerlichen Adoption eines Hundes von dort (ich habe mich da nicht festgelegt; mich wird schon der richtige Hund finden; egal ob aus Österreich, Deutschland, Bulgarien, China oder Buxtehude. ?) Nicht um vor irgendwem gut dazustehen, sondern einzig und alleine weil ich es möchte und es mir wichtig ist.
Macht es Sinn, einzelne Hunde zu «retten», wo das doch immer nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist? Vielleicht nicht. Aber für genau diesen einen einzelnen Hund macht es Sinn.
Jeder dort wo er kann und wo es ihm ein besonderes Anliegen ist. Und dafür sollte man sich nicht anpflaumen lassen oder rechtfertigen müssen. (Muss ich freilich auch nicht, aber vielleicht schafft es ja ein bisschen Verständnis…) Ich würd´ mir da einfach ein bissl mehr Toleranz und ein bissl weniger mit dem Finger auf die Anderen zeigen wünschen. Solange man nicht die Auffassung: «wurscht woher, Hauptsache gleich und billig» vertritt und beim skrupellosen Vermehrer (den es wirklich überall auf der Welt gibt und unter dem Deckmantel der Zucht ebenso wie unter jenem des Tierschutzes) kauft und seinen potentiellen Begleiter mit Bedacht und Rücksicht auf dessen Bedürfnisse wählt, ist doch alles gut.